Zum Wohle mit Nienburger WeinSie meinen, liebe Gäste, dies sei ein Scherz? Weit gefehlt! Zwar liegt der Nienburger Weinberg derzeit wüst, ist aber in seiner Struktur noch gut zu erkennen. Und die Weinbautradition in Nienburg ist fast so alt wie der Ort selbst. Aber der Reihe nach: Nachdem Nienburg im Jahr 961 eine erste urkundliche Erwähnung fand, dauerte es noch 14 Jahre, bis sich hoch über der Bode kurz vor deren Mündung in die Saale erstmals Mönche ansiedelten. Und was gehörte im Mittelalter mit zu den wichtigen Aufgaben in einer klösterlichen Gemeinschaft? Richtig – die Landwirtschaft, weil man sich ja versorgen musste. Und wenn damals im Saaletal verbreitet Weinanbau stattfand, war es nur natürlich, dass die Nienburger Mönche dies ebenfalls taten. Bernhard Gremmler, anerkannter Weinbaufreund und -kenner in Bernburg überschreibt einen Abschnitt in seinem Büchlein „Der Weinberg-Hahn“ (Bernburg 2010): Mit den Mönchen kam der Wein – und das war, wie wir wissen, im Jahr 975, als Benediktiner Mönche in Nienburg ein Reichskloster gründeten. Ihnen haben wir die Weinbautradition in unserer Region also zu verdanken. Nun ist ja hinlänglich bekannt, dass der Weinanbau in dieser Gegend zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Erliegen kam, weil er sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr lohnte. Allerdings erlebt die Weinbautradition dank des Engagements vieler Weinbaufreunde seit etlichen Jahren eine Renaissance. „Wieso dies und warum?“, werden Sie fragen. Spürbar erfolgt in unserer Gesellschaft seit geraumer Zeit eine Rückbesinnung auf Werte, die vielfach bereits in Vergessenheit geraten sind. Gelebte Kultur – und dazu zählt durchaus auch der Weinanbau – bekommt wieder einen Stellenwert in unserem Leben. Altes wieder ins Bewusstsein zu bringen und neu zu beleben, heißt nicht unbedingt, altmodisch zu sein! Der Fernsehjournalist und Autor Ulrich Wickert geht in seinem Buch „Gauner muss man Gauner nennen – Von der Sehnsucht nach verlässlichen Werten“ (Piper Verlag GmbH München, 2007) auch auf diese Fragestellung ein. Und sich mit der Natur sowie ihren Produkten und deren Wert für uns Menschen auseinander zu setzen, ist ganz gewiss nicht altmodisch. Wir erleben aktuell geradezu eine „Bewusstseinswende“, auch in der Frage nach den Werten in unserer Gesellschaft. Um den Wein ranken sich viele Geschichten. Es gibt keinen großen Dichter, der sich gedanklich und auch mit seinen Geschmacksnerven nicht mit dem „Saft der Reben“ beschäftigt hätte. Und diese literarische Tradition reicht sehr weit zurück. Was spricht also dagegen, dass sich der Verein zur Förderung kultureller Projekte in Nienburg a. d. Saale e. V. der Weinbautradition annimmt und zum Ziel gesetzt hat, einen Weinberg wieder zum Leben zu erwecken? Überhaupt nichts. Diese Aufgabe stellt eine Herausforderung dar, ist aber sicher reizvoll. Und wenn es gelingt, neben der älteren Generation auch junge Menschen hierfür zu interessieren, dürften sich viele Perspektiven für ein gesellschaftliches und kulturelles Miteinander eröffnen. Bevor der Wein trinkbar ist, gilt es im Weinberg zu schuften – dies steht so ähnlich schon in der Bibel geschrieben. Und das alte Sprichwort: „Vor den Preis setzten die Götter den Schweiß“ kann in diesem Zusammenhang jeder gut nachvollziehen. Aber – Wein wird weniger getrunken als vielmehr „genossen“. Und mit Wein lassen sich Musik und Literatur ebenfalls sehr gut, vielleicht sogar besser genießen. Also packen wir es an und erheben bald einmal unser Glas mit dem Spruch: „Zum Wohle mit Nienburger Wein“! Ulrich Menkhaus |
MZ -Beitrag vom 27.09.2017, 09:55 Uhr
Bode-Winzer gesucht Alte Idee aus der Schublade geholt
Von Katharina Thormann
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